Orgel-Restauration Gloger-Orgel - Verein zum Erhalt der Gloger-Orgel Otterndorf e.V.

Gloger Orgel Otterndorf
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Orgel-Restauration Gloger-Orgel

Artikel zur Restaurierung der Gloger-Orgel auf der Website der Landeskirche:

 
Dorothea Schröder
Die Orgelbauer-Familie Gloger
in Norddeutschland und Skandinavien

Dietrich Christoph Gloger, der Erbauer der Otterndorfer Orgel, ist das bedeutendste Mitglied einer Familie von Orgelbauern, die seit dem späten 17. Jahrhundert über zwei Generationen hinweg hauptsächlich im Bereich der heutigen Bundesländer Niedersachsen und Sachsen-Anhalt tätig waren. Aus diesem Kerngebiet ging Johann Heinrich Gloger für einige Jahre nach Schweden, und Dietrich Christophs Bruder Gottfried Heinrich zog über Kopenhagen nach Norwegen, wo er in Kongsberg die größte Barockorgel des Nordens errichtete (1760-1765). So wie dieses prachtvolle Instrument nur wenigen deutschen Orgelfreunden bekannt sein dürfte, ist auch das vielseitige, aber vom Ruhm Arp Schnitgers überstrahlte Gesamtwerk der Gloger-Familie in Norddeutschland immer noch ein “Geheimtipp”. Man kann jedoch annehmen, dass mit der Rückkehr der restaurierten Orgel von St. Severi ins Musikleben auch das Interesse an Dietrich Christoph Gloger und seiner Familie zunehmen wird. Ihre wichtigsten Mitglieder sollen hier kurz vorgestellt werden.1

Woher die Glogers ursprünglich stammten, konnte bislang noch nicht nachgewiesen werden. Höchstwahrscheinlich kamen sie aus Schlesien, wo der Name Gloger (vielleicht abgeleitet von der Stadt Glogau) im Kulturleben des 17. Jahrhunderts mehrfach erscheint. Vertreter der älteren Generation von Gloger-Orgelbauern sind Christoph (1665-1733) und sein Bruder Johann Heinrich (um 1670-1732), dessen drei Söhne Johann Wilhelm (1702-1760), Dietrich Christoph (vor 1708-1773) und Gottfried Heinrich (1710-1799) die jüngere Generation repräsentieren und jeweils eigene Werkstätten führten.  

Während Christoph Gloger in seinen Dispositionen den älteren norddeutschen Stil vertrat, brachten Johann Heinrich und Johann Wilhelm Elemente des mitteldeutschen Orgelbaus nach Niedersachsen. Sie lebten in einer Gegend, die von zwei Stilrichtungen geprägt war: In den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts dominierte noch das Ideal der großen norddeutschen Stadtkirchenorgel, die dazu geeignet war, Hunderte von Gläubigen beim Singen zu unterstützen. Die dafür und zum Spiel der Meisterwerke eines Dieterich Buxtehude oder Johann Adam Reincken unentbehrliche "Gravität" bezog das Instrument aus einem stark ausgebauten Pedalwerk. Während die typische norddeutsche Orgel der Barockzeit von mächtigen Bassregistern und strahlenden Mixturen geprägt war, strebte der mitteldeutsche Orgelbau eher nach “Lieblichkeit”, die u.a. durch eine verstärkte Einbeziehung von Flötenregistern erreicht wurde und dem um 1730 aufblühenden "galanten Stil" in der Musik sehr entgegenkam. Auf ein Rückpositiv, das zur Gemeinde hin ausgerichtet und mit kräftigen Stimmen zur Führung des Gesangs ausgestattet war, wurde nun meistens verzichtet.
 
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1 Grundlegende Literatur zur Familie Gloger ist immer noch der umfangreiche, alle seinerzeit erreichbaren Quellen und Dokumente einbeziehende Aufsatz von Liselotte Selle, „Die Orgelbauerfamilie Gloger“, in: Acta Organologica Bd. 4, 1970, S. 59-118; Bd. 5, 1971, S. 31-86; Bd. 6, 1972, S. 48-98. Vgl. auch Harald Vogel, Günter Lade, Nicola Borger-Keweloh, Orgeln in Niedersachsen, Bremen 1997, S. 226-235.
Christoph Gloger
1665 (Geburtsort unbekannt) - 1733 Aderstedt
 
Wo er seine Lehre absolvierte, ist nicht bekannt. Christoph Gloger ließ sich in Halberstadt nieder und war bald so angesehen, dass er 1698 zur Begutachtung der im Bau befindlichen Dom-Orgel von Zacharias Theißner nach Merseburg gerufen wurde. Nachdem er 1707 in Aderstedt bei Halberstadt sein bedeutendstes Werk (II/P/28)2 vollendet hatte, zog er 1708 zusammen mit seinem Bruder Johann Heinrich (s.u.) nach Harburg (bei Hamburg), um dort die Orgel der Dreifaltigkeitskirche zu renovieren – ein Auftrag, der den Brüdern wegen ständiger Auseinandersetzungen mit den Kirchenvertretern und Vincent Lübeck als Gutachter viel Ärger einbrachte. Als 1710 seine Bewerbung um eine Renovierung der Orgel von St. Johannis in Lüneburg abgewiesen wurde, gab Christoph Gloger sein Handwerk auf und zog sich als Organist und Gutsverwalter der Familie von Veltheim nach Aderstedt zurück.
Die Harburger Orgel wurde 1839 abgebrochen, die Kirche 1944 zerstört.

 
Johann Heinrich Gloger  
um 1670 (Geburtsort unbekannt) - 1732 Hannoversch Münden
 
Auch über die Lehrzeit von Christoph Glogers Bruder wissen wir nur wenig. Während seiner Wanderjahre hielt er sich offenbar in Görlitz und Schlesien auf, war in Mitteldeutschland unterwegs und zog nordwärts nach Schweden, wo er um 1690 bei Hans Henrich Cahman in Växjö (Småland) arbeitete. Seit 1701 in Burgdorf bei Hannover ansässig, übernahm er 1708 zusammen mit seinem Bruder Christoph die fast einem Neubau gleichkommende Renovierung der Orgel in der Dreifaltigkeitskirche von Harburg. Dabei mussten sich die vom mitteldeutschen Orgelbau beeinflussten Brüder gegen Befürworter des Schnitger-Stils durchsetzen, was nicht immer gelang. Nach diesen unerfreulichen Erfahrungen verlegte Johann Heinrich seine Werkstatt nach Northeim bei Göttingen. Zwischen 1721 und 1734 entstand in der Northeimer Kirche St. Sixti seine größte Orgel, deren Prospekt eine starke Ähnlichkeit mit der 30 Jahre älteren Fassade von Theißners Merseburger Domorgel aufweist. Nach dem Tod Johann Heinrichs (1732) lag die Vollendung des Werkes in den Händen seines Sohnes Johann Wilhelm.   

 
Johann Wilhelm Gloger
1702 Burgdorf bei Hannover - 1760 Göttingen

In der väterlichen Werkstatt ausgebildet, soll Johann Wilhelm eine Zeitlang bei dem Schnitger-Schüler Christian Vater in Hannover gearbeitet haben, bevor er 1722/23 als Pfeifenmacher zu Caspar Sperling nach Goslar ging. In den Folgejahren arbeitete er mit seinem Vater zusammen und übernahm 1728 dessen "Revier" im südlichen Niedersachsen. Sein Meisterstück, eine kleine Orgel mit 12 Registern (1726-1728), steht in Sack bei Alfeld. Nach einem heftigen Streit mit Christian Vater um die Auftragsvergabe erbaute Johann Wilhelm Gloger seine größte Orgel in der Pauliner- bzw. Universitätskirche zu Göttingen (1738-1740; II/P/24). Im Zuge der Umgestaltung des Kircheninneren zur Bibliothek wurde die Orgel 1803 zum Verkauf gestellt und gelangte so nach Wittingen, wo ihr mächtiger Prospekt mit den originalen Prospektpfeifen erhalten geblieben ist.

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2 Die Abkürzungen geben die Zahl der Manuale (I, II, II), das Vorhandensein eines Pedals (P) und die Zahl der Register an.
Dietrich Christoph Gloger
zwischen 1704 und 1708 Burgdorf oder Harburg - 1773 Stade

Über Johann Wilhelms jüngeren Bruder, den Erbauer der Otterndorfer Orgel, weiß man mehr als über seine Verwandten: Zwischen Stade, Bremen und dem nördlichen Oldenburg, im Land Hadeln, in Kehdingen und im Alten Land schuf er mehrere Orgel-Neubauten und führte (mindestens) 13 Reparaturen und Renovierungen aus. Zweifellos war er das erfolgreichste Mitglied der Gloger-Familie.

Nach der Ausbildung bei seinem Vater trat Dietrich Christoph Gloger in die Werkstatt des Stader Meisters Erasmus Bielfeldt ein, wo er schon um 1733 eine leitende Stellung einnahm. An Bielfeldts 1731 begonnener, herausragender Orgel in St. Wilhadi (III/P/40) wird Dietrich Christoph mitgearbeitet haben. Obwohl Bielfeldt bei Arp Schnitger in die Lehre gegangen war, entwickelte er durch die Einbeziehung mitteldeutscher Elemente einen eigenständigen Stil, der offenbar mit Dietrich Christophs Vorstellung von fortschittlichem Orgelbau übereinstimmte. Als Bielfeldt 1734 nach Bremen ging, blieb Dietrich Christoph Gloger in Stade, erwarb dort das Bürgerrecht und machte sich selbständig.

Schon 1733 hatten die Kirchenvorsteher von Oldendorf bei Stade Dietrich Christoph Gloger um Hilfe gebeten, weil Bielfeldt, der dort eine Orgel baute, nachlässig in seiner Arbeit geworden war. Obwohl Dietrich Christoph zu dieser Zeit noch keine eigene Werkstatt betrieb, konnte er die Orgel nach Bielfeldts Plänen fertigstellen. Danach vergingen acht Jahre, in denen er mit Reparaturen und Renovierungen beschäftigt war, bevor er in Otterndorf seine erste eigene und zugleich größte Orgel bauen konnte (1741-1742; III/P/46). Wie bei einem Projekt dieser Dimension vorauszusehen, kam Dietrich Christoph mit den veranschlagten Kosten nicht aus. Er bat um eine Nachzahlung mit einer Begründung, die sich bei jeder guten Orgel als wahr erweist: "Denn mein pretendirender Verdienst ist wenig, der Genuß der Gemeinden aber auf Hunderte von Jahren"!3

Weitere Orgeln aus Dietrich Christoph Glogers Werkstatt entstanden u.a. für Neuhaus/Oste (1744-1745), Cadenberge (1756-1764), Worpswede (1762) und Grünendeich (1766). Mit Ausnahme der Worpsweder Orgel enthalten sie noch heute Pfeifenbestände aus ihrer Entstehungszeit, so dass Dietrich Christophs Arbeitsweise über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg gut dokumentiert ist.


Gottfried Heinrich Gloger
1710 Harburg - 1799 Stiklestad (Verdal), Norwegen

Der jüngere Bruder von Johann Wilhelm und Dietrich Christoph, ebenfalls vom Vater ausgebildet, ging in den 1730er Jahren zu dem Schnitger-Schüler Lambert Daniel Kastens nach Kopenhagen und ließ sich als erster professioneller Orgelbauer in Norwegen nieder. Er geriet jedoch bald in finanzielle Schwierigkeiten und musste Anstellungen als Organist suchen, da er in dem spärlich besiedelten Land nur wenige Aufträge erhielt. Was er leisten konnte, demonstrierte Gottfried Heinrich mit dem Bau einer überaus repräsentativen Orgel (1760-1765; III/P/42) für die damals reiche Bergwerksstadt Kongsberg. Allerdings verschuldete er sich durch Fehlkalkulationen derart, dass er danach Armenhilfe in Anspruch nehmen musste. Er verbrachte seine letzten Lebensjahre in Stiklestad, wo er an einem seiner eigenen Instrumente den Organistendienst versah. Die Kongsberger Orgel wurde nach einem wechselvollen Schicksal durch Jürgen Ahrend grundlegend restauriert (1999-2001) und steht seitdem alljährlich im Januar im Mittelpunkt eines Musikfestivals.

Keiner der drei Brüder Johann Wilhelm, Dietrich Christoph und Gottfried Heinrich hatte einen Sohn, der das Erwachsenenalter erreichte und die väterliche Werkstatt hätte weiterführen können. Es gab keine dritte Generation der Gloger-Familie, nachdem sie im nordeuropäischen Orgelbau des mittleren 18. Jahrhunderts eine gewichtige Rolle gespielt hatte. Ihre Mitglieder hinterließen jedoch keine “Gloger-Schule” mit definierbaren Merkmalen, da sie räumlich entfernt voneinander lebten und ihre jeweils eigene Bauweise entwickelten. Ob sie ständig miteinander in Kontakt standen, ob sie sich überhaupt als zusammengehörig empfanden, wissen wir nicht. Wenn wir auch die Technik und Klanglichkeit der Otterndorfer Orgel wiedergewonnen haben, so bleiben doch noch viele Fragen zu ihrem Erbauer Dietrich Christoph Gloger und seiner Familie offen.


Dr. Dorothea Schröder ist Musikwissenschaftlerin aus Cuxhaven.

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3 Schreiben Dietrich Christoph Glogers an die Provisoren der Otterndorfer Kirche, 9. September 1742, zit. nach Selle, Acta Organologica, Bd. 6, S. 55.




Reportage aus der Orgelwerkstatt Ahrend in Leer

Quelle: Stiftung Orgelklang Hannover für den "Jahresbericht der KiBa 2022"

Gloger-Orgel Otterndorf



Foto in Fisheye-Optik aufgenommen von Hauke-Christian Dittrich für dpa am 19. Januar 2022
Banner am Kirchturm




Foto: Irmgard Kröncke,
am 10. Mai 2022



Beitrag in der Niederelbe Zeitung vom 13.04.2023


Orgel bleibt länger in der Werkstatt

Restaurierung des fast 300 Jahre alten Instruments in der Orgelwerkstatt Ahrend in Leer verzögert sich um sechs Monate
Gloger-Orgel Otterndorf
Otterndorf feiert Abschied von der Gloger-Orgel

Bevor die Otterndorfer Gloger-Orgel abgebaut und zur Restaurierung in die Orgelwerkstatt Ahrend nach Leer transportiert wird, lädt die evangelische Kirchengemeinde zum Abschiedsgottesdienst am Sonntag, 16. Januar 10.30 Uhr und 15 Uhr in die St. Severi-Kirche ein.
Die Kirchengemeinde bietet zwei Zeiten an, damit jeder bei Einhaltung der Hygieneregeln (FFP 2 Maske, Abstand usw.) die Chance hat, den Gottesdienst zu besuchen. Der Gottesdienst wird gefilmt und um 10.30 Uhr live im Internet übertragen, damit auch Spenderinnen, Spender und Interessierte, die nicht persönlich erscheinen können, die Möglichkeit haben, den Gottesdienst mitzuerleben.
Die Internetadresse lautet: https://youtu.be/5EhI4AuapTU -> Link
Musikalisch prägt Kirchenkreiskantor Kai Rudl den Gottesdienst mit Orgelstücken zwischen Renaissance und Moderne, in denen verschiedene Orgelbauer in Otterndorf tätig waren. Mit Unterstützung des Vereins zum Erhalt der Gloger-Orgel ist es gelungen, den notwendigen Betrag von 1,8 Millionen für die Restaurierung zu sammeln. Durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und die Auszeichnung „Orgel des Jahres 2020“ bekommt die Gloger-Orgel als größte Barockorgel im Elbe-Weser-Gebiet bundesweite Aufmerksamkeit. Der Beginn der Orgel-Restaurierung ist ein wichtiger Schritt, den die Otterndorfer Kirchengemeinde mit Orgelfreunden, Spendern, Sponsoren und
Zuschussgebern feiern möchte.
Am Mittwoch, 19.Januar von 10-12 Uhr und am Donnerstag, 20.Januar von 14 bis 16 Uhr können Interessierte den Abbau der Orgel in der St. Severi-Kirche miterleben. Für diesen Besuch ist es (im Unterschied zum Gottesdienst) notwendig, einen Impf- oder Genesenen-Ausweis vorzuzeigen. Der Eingang erfolgt über die kleine Kirchentür gegenüber der Lateinschule.
Die Gloger-Orgel wird bis zum Herbst 2023 in Leer restauriert und dann nach und nach wieder in der St. Severi-Kirche aufgebaut. Die Wieder-Einweihung der Gloger-Orgel ist für Ostern 2024 geplant.
Für die kommenden beiden Jahre werden eine kleine Truhenorgel und ein Keyboard die Orgel „vertreten“. In dieser Zeit wird auch die St. Severi-Kirche saniert, damit ihr Mauerwerk, die Heizung und das Raumklima der restaurierten Gloger-Orgel einen guten Schutz bieten.

Film vom 16.01.2022: anlässlich des Festgottesdienstes zur Verabschiedung der Orgel
Dauer des Festgottesdienstes: ca. 60 Minuten



Bericht in der Niederelbe Zeitung vom 22.01.2022

Interview mit dem Orgelbaumeister Hendrik Ahrend aus Leer



Beitrag in der Niederelbe Zeitung vom 15.01.2022

Artikel Fragebogen:  IRMGARD KRÖNCKE UND DIE KÖNIGIN DER INSTRUMENTE

      
  
Bericht in der Niederelbe Zeitung vom 20.01.2022

Abbau der Gloger Orgel in der St. Severi Kirche in Otterndorf
Unser Schirmherr, der Regisseur, Schauspieler, Intendant  und Hochschullehrer sowie Voß-Preisträger für Literatur der Stadt  Otterndorf 2012 Prof. Dr. Jürgen Flimm, starb am 4.2.2023 in Wischhafen-Hamelwörden.
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